Rund 400 Teilnehmende besuchten die von der Luzerner Psychiatrie AG (lups) organisierte Veranstaltung in der «Messe Luzern». Regierungsrätin Dr. iur. Michaela Tschuor, Vorsteherin des Gesundheits- und Sozialdepartements des Kantons Luzern, eröffnete den Anlass mit einer reflektierten Bemerkung: «Politikerinnen und Politiker sollten mehr Klartext sprechen.» Sie betonte, dass es wichtig sei, sich gut als Politikerin und Politiker zu informieren, insbesondere, wenn es um fachspezifische Themen gehe. Politikerinnen und Politiker sind eben auch abhängig und zwar vom Fachwissen aus der Wissenschaft, der Psychiatrie, der Medizin und anderen verschiedenen Bereichen. Nur so erhalten sie ein vollständiges Bild davon, was die Gesellschaft wirklich brauche und welche Rolle der Staat dabei spiele. Danach führte Dr. med. Kerstin Gabriel Felleiter, Chefärztin Ambulante Dienste bei der Luzerner Psychiatrie AG (lups), durch den ersten Teil der Veranstaltung.

Traditionsgemäss wurde das Eröffnungsreferat von einer «fachfremden» Person eröffnet, um die Thematik aus einer anderen Perspektive zu beleuchten. Der freischaffende Philosoph und Berater Rayk Sprecher schaffte gleich vier Perspektiven und führte zu logischer, epistemischer struktureller und zeitlicher Abhängigkeit. Dazu ein spannendes Zitat zur zeitlichen Abhängigkeit: «Die Zeit macht uns das Leben schwer. Sie ist begrenzt und immer zu kurz. Abhängigkeit, die uns mürbe macht. Zeitknappheit dominiert, so dass wir uns als Getriebene sehen. Und dann all diese Ratgeber zu Zeitmanagement, Zeit lässt sich weder besitzen, noch managen.» Ein Teilnehmender stellt am Ende dazu eine spannende Frage: «Was kann man gegen zeitliche Abhängigkeit tun?» Rayk Sprecher rät, auf alltägliche Dinge zu achten und vielleicht mal etwas anders als gewohnt zu machen, Bewusstsein schaffen und bewusst damit spielen.

Anschliessend ging Prof. Dr. med. Marc Walter, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (KPP) der PDAG, auf die aktuelle Debatte zur Cannabisregulierung in der Schweiz ein und zeigte spannende erste Ergebnisse aus der Pilotstudie, die sich mit der Legalisierung von Cannabis befasst und von der er Studienleiter ist. So haben die Probanden beispielsweise während der Studie nicht mehr Cannabis konsumiert als sonst. Warum denn die Probanden an der Studie teilnehmen? «Sie sind der Meinung, dass sich etwas an der aktuellen Gesetzeslage ändern muss.»

Von Bindung, Abhängigkeit und Selbststigmatisierung
Nach der Pause führte Prof. Dr. med. Jochen Mutschler, Chefarzt Stationäre Dienste bei der lups, durch den zweiten Teil des Nachmittags. Hier sprach Prof. Dr. med. habil. Karl Heinz Brisch, Univ.-Prof. an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg, über Bindung und Abhängigkeit bei der Betreuung, Beratung und Therapie suchtkranker Menschen. Er zeigte aufgrund von Beispielen sehr eindrücklich auf, wie ein Kind, eine oder mehrere Hauptbindungen zu Bezugspersonen aufbaut. Diese Bindung wird zu Personen aufgebaut, die über die grösste Feinfühligkeit unter allen Bindungspersonen verfügt. Eine ausgeprägte Feinfühligkeit fördert da-her eine sichere Bindungsentwicklung.

Carolin Schürmann, diplomierte Sozialwirtin, Peer und Fachreferentin für Suchterkrankungen und mentale Erkrankungen, schloss mit einer Untersuchung von Selbststigmatisierungseffekten bei suchtbelasteten Eltern und Führungskräften. Sie gewährte sehr offen und ehrlich Einblick in ihre eigene Suchterkrankung und die Suchterkrankung ihrer Mutter. Wichtigste Botschaft: «Stigmatisierung hat mir und meiner Mutter viele Lebensjahre genommen. Ich erhoffe mir, dass (Selbst-)Stigmatisierung in der Suchtbehandlung mehr Beachtung erhält.

Dr. med. Oliver Bilke-Hentsch, Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie bei der lups, hielt das Schlusswort und freute sich über die spannenden Beiträge. Es ging ihm wie der Mehrheit der Teilnehmenden, er hätte allen noch lange zuhören können. Er bedankte sich bei den Sponsorinnen und Sponsoren und dem Organisationsteam und verabschiedete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 24. Vierwaldstätter-Psychiatrietages.

Medienkontakt:
Für Auskünfte steht Ihnen Prof. Dr. med. Jochen Mutschler, Chefarzt Stationäre Dienste und Mitglied der Geschäftsleitung lups, am 10. Februar zwischen 16.15 und 17.15 Uhr zur Verfügung. Telefon: 058 856 50 99; medien@lups.ch

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